15.04.2021
Antrag zum Kreishaushalt: Konsequenter Klimaschutz ist Förderung der lokalen Wirtschaft:
Auf dem Weg zu einem klimaneutralen Kreis Kleve: Konzeption und erste Maßnahmen
Sehr geehrte Frau Landrätin Gorißen,
wir bitten Sie, folgenden Antrag dem Kreisausschuss in seiner nächsten Sitzung am 15.04.2021, und dem Kreistag in seiner nächsten Sitzung am 29.04.2021 zur Beratung und Beschlussfassung im Rahmen der Haushaltsberatungen 2021/2022 vorzulegen.
Ausgangslage:
Im Kreis Kleve wurden in 2018 7,9 TWh Energie verbraucht. Dies entspricht einem Betrag von rund € 800 Mio., der den Kreis Kleve verlassen hat, weil diese Energie zugekauft werden musste. Wenn Energie lokal produziert wird durch Photovoltaik, Windenergie oder auch durch Maßnahmen zur Einsparung von Energie, bleibt die Wertschöpfung im Kreis Kleve.
Um die investiven Maßnahmen zu ermöglichen können die örtlichen Banken, aber auch Bürger als Kreditgeber oder Investoren auftreten. Die Installation der Anlagen, egal ob zur Energieproduktion oder zur Einsparung von Energie, ist, da wo diese Maßnahmen konsequent umgesetzt werden, ein lohnendes Geschäftsmodell für den örtlichen Handel und örtliche Handwerk. Auch bei der nachhaltigen Mobilität oder bei der Erzeugung von Wärme ist es von Vorteil, wenn das Geld im Kreis bleibt und nicht abfließt in andere Länder.
Diese vorangegangen Überlegungen in Betracht ziehend, ist die Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes im November 2019 durch den Bundestag, eine Aufforderung zu lokalen Wirtschaftsförderungsprogrammen: Ziel des Gesetzes ist es, dass Deutschland bis zum Jahr 2050
treibhausgasneutral wird. Den öffentlichen Verwaltungen kommt im Bemühen, die Klimaziele von Paris und der EU zu erreichen sowie das Klimaschutzgesetz einzuhalten, eine besondere Vorbildfunktion zu. Sie müssen sich entsprechend dieses Gesetzes zu den Zielen bekennen und vielerlei Anstrengungen unternehmen, ihren Beitrag zur Erreichung des Ziels zu leisten.
Wir sollten also nicht nur das Gute für das Klima und die Umwelt zu tun, sondern auch das Richtige für unseren Wohlstand und den unserer Kinder.
Einrichtung einer Organisationseinheit für Klimaschutz:
Die Steuerung aller Arbeiten und Projekte zur Erreichung der Klimaneutralität, das dafür notwendige Monitoring und die laufenden konzeptionellen Aktualisierungen dieser Generationenaufgabe erfordern eine sachgerechte personelle Ausstattung in der Kreisverwaltung. Vorbild sind vergleichbare Landkreise wie z. B. Steinfurt.
Folgende Zukunftsaufgaben müssen von einer Organisationseinheit für Klimaschutz übernommen
werden:
Themen:
o Aufbau eines Konzepts zur Förderung von Alternativen zum Verbrennungsmotor
inklusiv dem Aufbau eines Netzwerkes von Lade-/Tankstationen
o Überprüfung verkehrsreduzierender Modelle, wie Carsharing und Mitfahrmodelle
o Ausbau und Förderung des Fuß- und Radverkehrs
o Unterstützung bei Fragen der energetischen Sanierung und Modernisierung
o Generierung von Fördermitteln
o Konzeptentwicklung zur Klimaanpassung (z.B. Bepflanzung, Artenschutzmaßnahmen,
aber auch Regenrückhaltung)
Bei all diesen Aufgaben ist eine gute Kommunikation mit der kreiseigenen Verwaltung ebenso unerlässlich wie eine kreisweite Vernetzung mit den Kommunen. Auch müssen eine gute Presse und Öffentlichkeitsarbeit von diesem Amt aus erfolgen, um sachlich fundiert und bürgernah mit einer Beteiligung der Bürger*innen zu agieren; denn der Wunsch, das Klima zu retten, ist groß. Die Ermittlung des eigenen Ausstoßes bzw. der Produktion klimaschädlicher Emissionen ist dabei ein erster Schritt. Dabei sind zum Beispiel neben den Emissionen durch die Fahrzeugflotte auch die Energieverbräuche aus nicht-nachhaltiger Energieerzeugung sowie alle sonstigen Emissionen zu erfassen. Nach Erstellung des Emissionskatasters soll die gesamten Lebenszyklusemissionen von Anschaffungen / Neubauprojekten betrachtet werden.
Investive Maßnahmen:
Die schon heute möglichen Maßnahmen sollen kurzfristig angepackt und dann schrittweise um weitere ergänzt werden. So sind Elektrofahrzeuge der neuen Generation, vor allem bei den PKWs, schon heute technisch ausgereift und belasten beim aktuellen Strommix die Umwelt weniger als jedes Verbrennerfahrzeug. Darüber hinaus ist die Anschaffung von Elektrofahrzeugen im Rahmen eines turnusgemäßen Austausches von Fahrzeugen durch attraktive Förderprogramme auch wirtschaftlich geraten. Diese Förderprogramme beziehen auch die Einrichtung von eigenen Ladepunkten mit ein. Für die verschiedenen Klimaschutzmaßnahmen soll das Budget deutlich erhöht werden. Dabei sollen die bereits vorgesehenen Finanzmitteln, die sowohl in die energetische Sanierung der kreiseigenen Liegenschaften investiert werden als auch für die weitere Installation von Photovoltaikanlagen auf kreiseigenen Verwaltungs- und Schulgebäuden eingeplant sind, beibehalten werden. Außerdem sieht die Verwaltung für weitere konsumtive Klimaschutzmaßnahmen in den Jahren 2021 und 2022 global Mittel in Höhe von jeweils 400 T € vor. Die ersten Erkenntnisse aus dem vorgestellten Pestel-Gutachten lassen jedoch erkennen, dass weitaus mehr Haushaltsmittel für Klimaschutzmaßnahmen von Nöten sind.
Beschlussvorschlag:
1. Der Kreistag Kleve beschließt, alles Notwendige zu tun, damit der Kreis Kleve als Ganzes möglichst bis zum Jahr 2035 klimaneutral ist und damit seiner Vorbildfunktion gerecht wird.
2. Die Kreisverwaltung Kleve und die von ihm kontrollierten Gesellschaften streben deshalb an, schon wesentlich früher klimaneutral zu arbeiten. Die Kreisverwaltung wird beauftragt, bis Ende 2022 alle durch sie selbst und ihre Gesellschaften verursachten klimaschädlichen Emissionen zu erfassen und Pläne zur umgehenden Reduktion zu erstellen. Die Erfassung und diese Pläne sind dem Kreistag bis zum 1. Januar 2023 vorzulegen. Für die kurzfristig nicht zu reduzierenden Emissionen ist eine Kompensation über nach dem vom Umweltbundesamt empfohlenen CDMStandard durchzuführen. Dem Kreistag ist darüber bis zum 1. Juli 2023 zu berichten und entsprechende Haushaltsmittel aus dem Ansatz für Klimaschutzmaßnahmen im Produkt 1304 zu entnehmen.
3. Die Haushaltsmittel für Klimaschutzmaßnahmen im Produkt 1304 für das Jahr 2022 auf 600 T€ zu erhöhen und die Ansätze für 2021 und 2022 mit einem Sperrvermerk zu versehen. Ausgaben zu dieser Haushaltsstelle werden ausschließlich erst nach Vorberatung in den betreffenden Fachausschüssen und anschließender Beschlussfassung im Kreisausschuss und Kreistag freigegeben.
Der Kreistag Kleve beschließt die Einrichtung einer Organisationseinheit Klimaschutz mit zwei Vollzeitstellen. Die notwendigen Änderungen im Stellenplan und die Aufstockung von Finanzmitteln sind im Haushaltsplan einzustellen. Vor den Sommerferien 2022 wird im zuständigen Ausschuss und im Kreistag anhand einer Evaluation über mögliche personelle Aufstockungen zum 1. Januar 2023 über weitere Stellen beraten. Erste Aufgabe der Organisationseinheit Klimaschutz soll die Erarbeitung eines konkreten Klimaschutzkonzeptes für den Kreis Kleve unter Beteiligung aller Mitarbeitenden der Kreisverwaltung sowie der Zivilgesellschaft sein. Vorschläge, die selbst erarbeitet wurden und
die spezifische Situation des Kreises berücksichtigen, haben die höchste Chance auf schnelle Umsetzung. Der Haushaltsansatz im Produktbereich 1304 Naturschutz/Biotop- und Artenschutz unter der Kontonummer 54292400 im Ansatz 2020 soll fortgeschrieben und ggf. ergänzt werden, um das Klimaschutzkonzept mit entsprechenden Handlungsanweisungen für den Kreis Kleve zu erarbeiten. Eine erste Beschreibung der Aufgaben ist diesem Antrag als Anlage zugefügt.
4. Der Kreistag Kleve beschließt, dass die Kreisverwaltung zum nächstmöglichen Zeitpunkt, aber spätestens bis zum 1. Juli 2022, allen Strombedarf aus regenerativen Energiequellen über einen nach dem „Grüner Strom-Label (GSL)“ gekennzeichneten Stromanbieter oder Ökostrom eines lokalen Stromversorgers zu decken. Entsprechende Beschlussfassungen werden in den vom Kreis Kleve kontrollierten Gesellschaften herbeigeführt.
5. Der Kreis Kleve stellt sukzessive seine KFZ-Flotte auf emissionsfreie Technologien wie z. B. EMobilität oder Wasserstoff um. Dabei soll den besonderen Anforderungen für Sonderfahrzeuge, wie beispielsweise Rettungsfahrzeugen, Rechnung getragen werden. Hybride Fahrzeuge sind auszuschließen. Entsprechende Förderprogramme und Fördermittel sind dabei zu berücksichtigen. Der Kreis Kleve prüft weitere geeignete Maßnahmen zur Unterstützung der Umstellung auf emissionsfreie Mobilität (z. B. E-Bike Leasingmodelle für MitarbeiterInnen). An
allen Gebäuden des Kreises Kleve und seiner Gesellschaften werden entsprechende ELadestationen für E-Fahrzeuge und E-Bikes eingerichtet. Kooperationen mit kommunalen Stadtwerken/Energieversorgern vor Ort sind zu prüfen. Eine Entscheidung gegen ein Elektrooder Wasserstofffahrzeug ist dem Ausschuss für Klima, Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz vorzulegen. Innerhalb der Kreisverwaltung ist zur Ladung Ökostrom gemäß GSL-Standard oder Ökostrom eines lokalen Stromversorgers zur Verfügung zu stellen. Spätestens ab 2030 soll die gesamte Fahrzeugflotte des Kreises (Verwaltung und kreiseigene Gesellschaften) ohne lokale Emissionen betrieben.
6. Neubauten des Kreises Kleve und seiner Gesellschaften sollen energiesparend gebaut werden. Erneuerbare Energien sind je nach Möglichkeit einzusetzen. Auch bei Sanierungen von Gebäuden und Liegenschaften sind Energieeinsparung und erneuerbare Energien vorrangig zu berücksichtigen. Der Fachausschuss wird gebeten, zeitnah entsprechende Vorgaben zu diskutieren und zu beschließen.
7. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass Klimaschutz gerade für junge Menschen eine hohe Priorität hat und sich als aktive Partner beim Klimaschutz engagieren. Die Landrätin wird beauftragt, im Bündnis Klima. Partner gemeinsam mit den 16 Städten und Gemeinden des Kreises Kleve, Möglichkeiten der noch tieferen Einbindung des Themas Klimaschutz in allen Schulen und Bildungseinrichtungen im Kreis Kleve
und den angeschlossenen Städten und Gemeinden zu entwickeln.